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Medientext und Fotos

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Medientext Jubiläum Zofingia Luzern

Luzerner Studentenverbindung Zofingia vor 200 Jahren gegründet

 

200 Jahre Zofingia Luzern — „Schule freier Meinungen“ und Lebensverbindung

 

Von Reinhard Obermüller und Daniel Bächtold*

 

Endlich kann die Luzerner Studentenverbindung Zofingia nun ihr 200-Jahr-Jubiläum feiern. Coronabedingt mussten die geplanten Aktivitäten zweimal verschoben werden. Höhepunkt wird nun am kommenden Samstag (25. September) der Festakt in Luzern sein. Die Sektion Luzern der ältesten studentischen Verbindung in der Schweiz wurde am 20. November 1820 von sieben in Luzern Studierenden mit der Wahl von Karl Herzog als Präsident gegründet. Dies ein Jahr nach der Gründung des Schweizerischen Zofingervereins. Ignaz Paul Vital Troxler, in Beromünster aufgewachsen, später Arzt, Politiker und Lehrer am Luzerner Lyzeum, war damals die treibende Kraft für die Gründung der Sektion Luzern.

 

Die Zofingia Luzern, bestehend aus rund einem Dutzend Universitäts- und Fachhochschulstudenten, ist heute klein, aber aktiv. Die Altzofingia Luzern erfreut sich mit einem Bestand von rund 170 Haupt- und Nebenmitgliedern bester Gesundheit. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Luzerner Aktiven seit rund dreissig Jahren wieder regelmässig ihren Weg in die Altzofingia finden und sich auch Zofinger, die beruflich in der Zentralschweiz tätig sind, den Luzerner Altherren anschliessen. Für Studenten ist die Zofingia ein lohnendes Engagement, denn sie ist ein hervorragender Rahmen, in dem sich engagierte Studenten entfalten können. Sie bietet Netzwerk, Orientierungspunkt und Bühne in einem.

Das war nicht immer so. Wie für alle Studentenverbindungen waren die 1970er Jahre auch für die Luzerner Zofinger eine Zeit des Umbruchs. Der Wertewandel in der Gesellschaft rückte couleurstudentische Ideale wie das Prinzip der Lebensverbindung und das Vereinen von Generationen zunehmend in den Hintergrund. Bis etwa 1985 trat noch etwa jeder fünfte Luzerner Aktive in die Altzofingia über; allzu viele verliessen die Verbindung sang- und klanglos, nachdem sie bewegte Aktivensemester genossen hatten.

 

Der Traum vom eigenen Zofinger-Haus

 

Trotzdem fielen in diese Zeit wichtige Ereignisse für die Zofingia und die Altzofingia Luzern. 1979 bis 1982 stellte die AZ-Sektion Luzern erstmals den Centralausschuss des Schweizerischen Altzofingervereins, geführt vom souveränen Centralpräsidenten Dr. iur. Fritz-Heinrich Hool v/o Pic (Kriens). 1984/85 konnte die Altzofingia den Hotel-Teil des traditionsreichen Hotel-Restaurant „Schlüssel" am Franziskanerplatz 12 in Luzern erwerben und so den Traum eines eigenen Luzerner Zofingerhauses verwirklichen. Ermöglicht wurde dies durch Darlehen gewährende Zofinger der Gesellschaft zum Schlüssel sowie zahlreiche Altzofinger, die Anteilscheine der Genossenschaft zum Schlüssel zeichneten. Sowie durch das finanzielle Engagement der Dr. Fritz-Rölli-Stiftung, 1972 entstanden durch ein Legat des verstorbenen Altzofingers Dr. rer. pol. Fritz Rölli-Bühler v/o Efeu.

 

Für die Aktivitas kam dieser Schritt zum idealen Zeitpunkt, musste sie doch 1983 wegen des immer wieder überbordenden Stammbetriebes das „Sümpfli“ endgültig räumen. Sie fand im „Archiv“, einem schön ausgebauten Raum im fünften Stock des „Schlüssel“, eine neue bleibende Heimat. Dass auch dies nicht immer konfliktfrei abgeht, lässt sich erahnen, wenn man weiss, dass das Archiv von Hotelzimmern und Mietwohnungen umgeben ist und über keine eigenen Fenster zum Lüften verfügt… Im Jahr 2003 konnten dann auch die restlichen Hotelzimmer und der historische Restaurant-Teil des „Schlüssel“ mit dem denkmalgeschützten Borromäus-Saal übernommen werden.

 

Mittelschulsektion Opfer der Bologna-Reform

 

Ein besonderer Tag für die Altzofingia Luzern war der 3. September 2004, als Dr. iur. Alexander Wili v/o Papst aus Kriens als erster Luzerner Altzofinger überhaupt das Ruban d'Honneur – das Ehrenband des Schweizerischen Zofingervereins – entgegennehmen durfte. Sein Engagement für die Sektionen Fribourg und Hochschule Luzern sowie seine gesellschaftlichen Leistungen machen diese Ehre hochverdient. Nicht zuletzt war es seinem unermüdlichen Einsatz zu verdanken, dass im Jahr 2002, zwei Jahre nach der Gründung der Universität Luzern, neben der Mittelschulsektion auch eine Hochschulsektion eröffnet werden konnte. So durfte die Altzofingia Luzern während rund fünf Jahren zwei Aktiven-Sektionen unterstützen, bis im Jahr 2007 die Mittelschulsektion wohl endgültig aufgelöst werden musste. Die Umgestaltung der gymnasialen Ausbildung im Zuge der Bologna-Reform mit einer Verkürzung des Langzeitgymnasiums von sieben auf sechs Jahre und die gesellschaftlichen Veränderungen machen es nicht nur in Luzern schier unmöglich, eine Gymnasialverbindung aufrecht zu erhalten. Die Hochschulsektion aber gedieh so gut, dass im Jahr 2017 erstmals seit 1829 wieder ein Luzerner Centralausschuss die Führung des Aktiven-Gesamtvereins übernehmen durfte.

 

Gedankenaustausch über Generationen

 

Das Vereinsleben der Altzofingia Luzern war und ist von ihren Anlässen geprägt, die jeweils Zofinger aller Generationen zum Gedankenaustausch und fröhlichen Beisammensein vereinen. Traditionsreiche Anlässe wie die Zofingerbälle, der Samichlaus, der Freitagsstamm und jüngst auch das Wyberschiessen fielen den veränderten Bedürfnissen und dem immer breiteren Freizeitangebot zum Opfer, während etwa die immer am 7. Dezember stattfindende Generalversammlung, die Serenade auf Schloss Heidegg und das 2005 reaktivierte Rütli sich grosser Beliebtheit erfreuen. In voller Blüte steht der Mittagsstamm, der jeden dritten Mittwoch im Monat regelmässig über zwanzig Altzofinger und Aktive zum gemeinsamen Mahl im Borromäus-Saal des „Schlüssel“ vereint. Dies ist nicht zuletzt das Verdienst des Stammpräsidenten Dr. rer. pol. Eduard Suppiger v/o Pfopf, der seit Jahren intensiv für diesen Anlass wirbt. Dennoch ist unverkennbar, dass die aktive Beteiligung am Luzerner Zofingerleben tendenziell zurückgeht. Die richtigen Antworten auf die Verwehungen des Zeitgeistes, Digitalisierung und Globalisierung sind noch nicht gefunden.

 

Zuversichtlich in die Zukunft

 

Mit einem soliden Bestand an jungen Mitgliedern und dem Luzerner Zofingerhaus „Schlüssel“ am Franziskanerplatz, das den Dreh- und Angelpunkt des Verbindungslebens bildet, startet die Zofingia Luzern zuversichtlich ins dritte Verbindungsjahrhundert. Im Semesterprogramm der Aktiven steht praktisch jede Woche ein Anlass: Vorträge, politische Diskussionen, Besuche bei anderen Zofinger-Sektionen, sportliche Aktivitäten, gesellige Abende oder Veranstaltungen zur Anwerbung neuer Mitglieder, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch dass der „Schlüssel“ am 2. Mai 2018 ein Raub der Flammen wurde, konnte die Luzerner Zofinger und Altzofinger nicht von ihrem Engagement für die Devisen Patriae, Amicitiae und Litteris (Vaterland, Freundschaft und Wissenschaft) abbringen. Mit grossem Einsatz und Engagement von Zofingern wurde unter Leitung des Baukommissions-Präsidenten Dr. oec. HSG Peter Camenzind v/o Monza Wiederaufbau und Neueröffnung von Hotel, Restaurant und „Archiv“ an die Hand genommen.

 

Idee des Bundesstaates als Basis

 

Die Wurzeln des Zofingervereins reichen in das Ancien Régime zurück, als in den Zirkeln der helvetischen Gesellschaft so etwas wie ein „schweizerisches Nationalbewussten“ aufkeimte. In der Zeit der Restauration nahmen die Enkel dieser „Patrioten“ die Idee eines Bundesstaates wieder auf. Im Sommer 1819 fanden sich dann im Landstädtchen Zofingen 26 Zürcher und 34 Berner Studenten ein. Beide Gruppen waren zuvor rund 60 Kilometer marschiert, um sich in der Thutstadt zu treffen. Referate, Diskussionen und ein Empfang beim Stadtammann standen auf dem Programm. Die Hand wollte man sich reichen, ein gemeinsames Vaterland erkämpfen. „Feurige Begeisterung“ und „ächtschweizerische Gesinnung“, so der Chronist, prägte diese erste Zusammenkunft, die als Gründung des Zofingervereins in die Schweizer Geschichte eingegangen ist.

 

In den folgenden Jahren wurde eifrig am neuen „Schweizerhaus“ gebaut. 1830 zählte die Zofingia bereits elf Sektionen. Das hehre Ziel, dem „unseligen Kantönligeist“ abzuschwören, das Gemeinsame zu suchen und – im akademischen Bereich – landesweit Brücken zu bauen, liess sich allerdings nicht so einfach realisieren. Schon bald gab es interne Spannungen, nicht zuletzt in der Abgrenzung zu den deutschen Burschenschaften, die mit ihrem politischen Radikalismus auch in der Schweiz für Aufregung sorgten.

 

Gemeinsames Vaterland erkämpfen

 

Die Entwicklung der Zofingia war in den ersten Jahrzehnten eng mit der Schweizer Geschichte verknüpft. Sie zeigt, dass sich dieser Zusammenschluss von Studenten stets als typisch „eidgenössisch“ verstanden hat. In den Centralstatuten werden als Ziele des Zofingerseins unter anderem die „Freie Schule freier Meinungen“ und das Prinzip der „Lebensverbindung“ genannt, die junge und ältere Mitglieder (Aktivitas und Altzofinger) unter den gleichen Farben vereinigt.

 

Breiter Spielraum

 

Schon in der Frühzeit der Zofingia waren die sogenannten „Centralfeste“ in der Bundesstadt Zofingen romantische Pilgerfahrten, bei denen geradezu schwärmerisch und manchmal auch überbordend die Freundschaft zu anderen Sektionen – auch über den Röstigraben hinweg – gepflegt wurden. Die Devisen „Patriae“, „Amicitiae“, „Litteris“ (dem Vaterland, der Freundschaft, den Wissenschaften) liessen einen breiten Spielraum für das aktive Verbindungsleben. Es war dann 1848 für die Zofinger eine freudige Genugtuung, dass der eidgenössische Bundesstaat Tatsache wurde. In der Umsetzung der neuen Verfassung fand der Verein ein neues Tätigkeitsfeld.

 

Die Farben rot-weiss-rot

 

Seit nun 200 Jahren setzt sich die Zofingia für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat ein. Als liberale Verbindung lehnt die Zofingia Duell und Mensur ab. Sie kennt auch keinen Zwang zum Konsum von Alkohol. In Anlehnung an die eidgenössischen Farben und jene der Bundesstadt Zofingen wurden die Farben rot-weiss-rot für Couleurband und Mütze gewählt.

 

Beitrag zur Demokratie

 

Der Zofingerverein bot durch seine demokratische Schule manchem angehenden Politiker eine Plattform, seine Fähigkeiten zu entwickeln.  So nahmen beispielsweise am Centralfest 1982 die beiden Bundesräte Pierre Aubert und Fritz Honegger teil, die beide in der Zofingia gross geworden waren. Seit der Gründung des Bundesstaates waren 21 Zofinger im Bundesrat, so etwa Nello Celio (TI), Max Petitpierre (NE) und Eduard von Steiger (BE). Weitere Prominente Zofinger waren Carl Gustav Jung (Arzt und Psychiater, 1875-1961), Karl Barth (Theologe), Jacques de Watteville (EU-Chefunterhändler), Henri Guisan (General 2. Weltkrieg), Alfred Escher (Wirtschaftspionier und Politiker), die Maler Albert Anker und Ferdinand Hodler, die Waadtländer Schriftsteller Eugène Rambert und Charles-Ferdinand Ramuz.

Auch die Liste von Luzerner Zofingern, die in den letzten Jahrzenten in kantonaler und regionaler Politik, in Justiz oder Wirtschaft tätig waren oder noch sind, ist umfangreich. Namentlich genannt sei an dieser Stelle nur der 1892 in Luzern geborene und 1981 in Zürich verstorbene Architekt und Politiker Armin Meili. Er prägte die Luzerner Stadtentwickung nachhaltig. Neben verschiedenen Bauten in Luzern war der Bau des 1933 fertiggestellten Kunst- und Kongresshauses eines seiner Meisterstücke, ebenso der noch heute erhaltene Wagenbachbrunnen (1934) und die Landungsbrücke der Schifffahrtsgesellschaft (1936). In Zusammenarbeit mit dem italienischen Architekten Giovanni Romano schuf er das Centro Svizzero in Mailand, welches als eines der bedeutendsten Werke der Schweizer Nachkriegsmoderne gilt. 1939 amtete er zudem als Direktor Schweizerischen Landesausstellung in Zürich.

 

 

Eine Festschrift zum Jubiläum

 

An einer Vernissage im Lichthof des Luzerner Regierungsgebäudes fand Ende August 2020 die Präsentation der Jubiläums-Festschrift 200 Jahre Zofingia Luzern 1820 – 2020 statt. Das rund 200 Seiten umfassende Werk im Format A4 enthält eine Vielzahl von meist farbigen Bildern aus Stammbüchern und von Anlässen und informiert über zahlreiche Hintergründe zur Geschichte der Zofingia Luzern und deren Veranstaltungen. Unter der redaktionellen Leitung von Festschrift-Koordinator Peter Binder v/o Jou haben nahezu zwei Dutzend Autoren zu dieser umfassenden, insbesondere die letzten 50 Jahre beleuchtenden Festschrift beigetragen. Sie kann zum Preis von 75 Franken bestellt werden: 200@zofingia-luzern.ch

 

 

*Reinhard Obermüller (Jurist/Unternehmensberater) ist Präsident, Daniel Bächtold (Redaktor/Kommunikationsberater) ist Mitglied der Altzofingia Luzern.

 

Kurzzeichen der Autoren: om/Bä.

Fotos

Abdruck der Bilder honorarfrei mit Quellenangabe.

17.11.2020/Bä.

Bildbeschrieb im herunterladbarem Medientext und Bildergalerie (unten).

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